Dienstag, 4. Juni 2013


Gewalt-Eskalation in der Türkei

Ex-EU-Kommissar Verheugen befürchtet den Verlust von Stabilität und sieht Mitschuld in Berlin.

   
Günter Verheugen
Bonn-Berlin (fhb) - Günter Verheugen, ehemaliger Vizepräsident der EU-Kommission, hat die europäische Politik angesichts der gewalttätigen Niederschlagung der Proteste in der Türkei durch die Regierung Erdogan aufgefordert, deutlich zu reagieren. "Ich hätte nicht damit gerechnet, dass wir bürgerkriegsähnliche Szenen aus der Türkei zu sehen bekommen. Man muss der türkischen Regierung mit aller Deutlichkeit sagen, dass es nicht genügt, die säkulare Demokratie zu beschwören, sondern dass zur Demokratie auch Toleranz gegenüber Andersdenkenden sowie Meinungs- und Versammlungsfreiheit gehören", äußerte sich Verheugen in der Sendung UNTER DEN LINDEN im Fernsehsender PHOENIX.

Der SPD-Politiker befürchtete weitreichende Folgen, sollte die Türkei nicht zur Ruhe kommen. "Wenn die Türkei ihre innere Stabilität verliert, verlieren wir sie in der gesamten Region. Das beunruhigt mich sehr", so Verheugen weiter, der im Übrigen ein indirektes Verschulden für die fehlende Demokratie-Reife am Bosporus im Handeln von Frankreich und Deutschland sah. "Berlin und Paris haben eine Beitrittspolitik, die einmal klar war, bis zur Unkenntlichkeit verwässert. Wenn die Perspektive für die Türkei nicht in den vergangenen Jahren auch durch die Bundesregierung verschlechtert worden wäre, wäre der Reformprozess entschlossener vorangeschritten", war Verheugen überzeugt.

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