Halb
(oder doch schon ganz?) Europa fragt sich, was da los ist. Zwischen den Beiden.
Dem Wolfgang und dem Yanis. Geeinigt waren wir alle derart, bis vor Kurzem,
darüber, dass die sich nicht mögen. Wieso auch. Da treffen zwei aufeinander,
die alles gemeinsam haben – nur keine Gemeinsamkeit. Das haben sie auch
öffentlich gemacht. Vor versammelter Presse. Also, vor uns und für uns alle.
Gemeinsam
haben sie ihren Job. Jeder von denen ist ein Finanzminister. Der Eine hier, der
Andere dort. Dort ist Griechenland. Ein Hort der Korruption, der Schlampigkeit,
der Völlerei, der Faulheit, der zynischen Lebensart auf Kosten Anderer. So
wissen wir das, hier. Das steht in (fast) allen Zeitungen. Zumindest aber in
der Einen. Der Eine von denen vertritt das Eine der Andere das Andere. So
einfach ist das. Und jetzt isses aber auch gut. Weils so schlecht ist.
Auweia.
So geht also Politik. Heutzutage. Hier. Hier bei uns. Um was es eigentlich
gehen könnte, ist uns egal (geworden?). Wir können uns leisten uns blöde zu
stellen. Wir haben es nicht nötig in Betrachtung, im Verstehen, in Reflexion mittels
Analyse und ehrlicher Schlussfolgerungen unsere Meinung beeinflussen zu lassen.
Wir doch nicht. Wir geben den Ton an. In Europa, zumindest. Wir sind die Reichsten,
die Erfolgreichsten – ergo: Die Besten! Wir, Hier. Die Deutschen. Der Wolfgang
ist unser Prokurist. Zumindest der von Angela. Der Chefin. Das ist mehr als nur
ausreichend. Da haben wir nix rumzudenken! Schon gar nicht dagegen?
Naja,
vielleicht doch. Es könnte sich lohnen, dem Griechen mal etwas genauer
zuzuhören. Dann, wenn er uns sagt, dass es darum gehen sollte, ein gemeinsames
europäisches Haus zu sanieren. Wenn es darum geht, ein Europa der Menschen zu
bauen. Wenn es darum geht, ein Europa solidarischer Gesellschaften derart zu
installieren, dass es auch ein demokratisches und gerechtes für alle Menschen
dort wäre. So schlecht ist diese Idee ja nun nicht. Man darf sich erinnern,
dass das Ganze eigentlich mit diesen Parametern einst beschrieben und begonnen
wurde. Ja, ist lange her. Der Grieche war da noch gar nicht da (dabei). Wir
haben das inzwischen auch vergessen. Haben wir?
Wie
das manchmal so ist. Du liegst ganz unten, du denkst es geht nicht mehr – und schwupps,
da kommt ein Lichtlein her. Es muss ja nicht gleich die komplette Erleuchtung
sein. Es darf aber durchaus genügen den Lichtstreif zu sehen. Wenns denn dann
immer noch um Europa geht – und nicht nur um Deutschland und Europa – dann sind
wir an einem Punkt angelangt, der mehr braucht. Mehr als altverknöcherten
Neoliberalismus aus Berlin, bayerisches Stammtischgewürge und BILD-Hetzereien.
Da braucht es einen, da hilft ein kluger Kopf mit klugen Gedanken.
Und
siehe da. Da ist er schon. Ja! Es ist der Grieche. Yanis Varoufakis hat neulich,
am 14. März, die Finanzministerkonferenz nicht geschwänzt um am Comer See
die griechische Sau raus zu lassen. Er hat dort ein Papier vorgestellt, dass
uns allen, ja! - auch uns Deutschen, helfen kann und helfen wird. Helfen wird,
raus zu kommen aus der Jauche. Aus der Jauche in der wir übrigens gemeinsam
sitzen. Die einen tiefer, die Anderen nicht ganz so tief. Noch nicht! Er hat
beschrieben, was warum so ist – und wie, womit wir alle(!!) in der Lage sein
werden, uns auf Augenhöhe, gemeinsam als Europäer zu verstehen, zu fühlen, sein
zu dürfen.
Die
Agenda für Europa, die Varoufakis vorlegt, ist eine echte Lösungsstrategie -
ökonomisch, sozial, nachhaltig. Sein Grundgedanke „to europeanise ...," ist
schlüssig und tatsächlich brauchbar. Lasst uns wegkommen von billigen
Schuldzuweisungen, dummen Ablenkungen und bräsigem Nichtrechthaben. Das
Konstrukt Europa braucht gerade jetzt, oder jetzt erst recht, Konstruktivität
und ehrliches Bemühen. Der Grieche ist diesbezüglich weiter vorne als wir hier,
in unserer selbstgerechten Arroganz.
Klar ist aber auch. Der Eine braucht den
Anderen. Der Starke den Schwachen und umgekehrt. Wolfgang, Yannis – ihr zwei
Racker! Es geht nicht um euch. Es geht um uns. Schließlich seid ihr doch zwei
wie wir.
Macht hinne. Wir werden es euch danken.