Dienstag, 20. August 2013

Abhören, einschüchtern, lügen – das Ende der Demokratie

Von Jörg Wellbrock alias Tom W. Wolf

Tom W. Wolf
Jeden Tag stehen neue Fragen und Enthüllungen im Raum. Jeden Tag kommen neue Fakten ans Tageslicht. Die NSA-Affäre zieht weiter ihre Kreise und das Gesicht der vermeintlichen Demokratie wird immer mehr zur Fratze. Heute ist es der britische Geheimdienst, der die Zeitung „The Guardian“ gezwungen hat, Snowden-Dokumente entweder freiwillig herauszugeben oder zu zerstören. Andernfalls drohen juristische Konsequenzen. 
Laut Chefredakteur Alan Rusbridger hat der Regierungsbeamte wörtlich zu ihm gesagt: „Ihr hattet Euren Spaß. Jetzt wollen wir das Zeug zurückhaben.“ Er nannte diese Szene einen der „bizarrsten Augenblicke“ in der langen Geschichte der Zeitung. Wer denkt, er lebe nicht in einer Diktatur, muss diesen Eindruck wohl haben.

Am Sonntag zuvor war David Miranda, der Lebensgefährte des Guardian-Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald, am Flughafen Heathrow neun Stunden lang von Scotland Yard festgehalten worden. Eine schlüssige Begründung? Fehlanzeige. Juristischer Beistand? Wozu denn? Der amerikanische Geheimdienst leugnete eine Beteiligung an dieser Tat.

Bereits seit Wochen wird in Deutschland darüber gestritten, ob deutsches Recht durch die NSA-Affäre verletzt wurde oder nicht. Ronald Pofalla erklärte die Debatte dann schlicht für beendet und beförderte sie „vom Tisch“.
Was wirklich vom Tisch ist, sind der Schutz der informationellen Selbstbestimmung und das Recht auf Privatsphäre. Die Auskunftsfreudigkeit der User, die Informationen über Facebook, Google oder ihre Smartphones preisgeben, wird gedeutet als kollektive Einverständniserklärung hinsichtlich aller Daten, die gesammelt werden können.


Leugnen. Das ist die derzeit am weitesten verbreitete Übeltat. Die Geheimdiensts leugnen, dass sie millionenfach Menschen überwachen. Die Regierungen leugnen, dass Menschenrechte verletzt werden. Die zuständigen Politiker leugnen, dass es etwas gibt, das zu leugnen wäre. Was wir erleben, ist nicht etwa nur ein Skandal unfassbaren Ausmaßes. Es ist der Beleg dafür, dass wir längst auf dem Weg sind, die Demokratie zu verlassen, sie vielleicht schon längst verlassen haben. Der freie Wille, Selbst- und Mitbestimmung sind nicht mehr durch das Individuum steuer- oder kontrollierbar. Andere Instanzen haben das übernommen.

Wir entscheiden nicht mehr. Wir werden entschieden.



Quelle: spiegelfechter.de

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