Mittwoch, 16. Oktober 2013

Niemand stoppt die eiskalten Händchen der Klimakanzlerin

Tom W. Wolf
Von Jörg Wellbrock alias Tom W. Wolf
Der naheliegende Zusammenhang zwischen der BMW-Spende in Höhe von 690.000 Euro an die CDU und Merkels Querschüssen bei der von der EU geplanten Reduzierung des CO2-Ausstoßes macht einmal mehr deutlich, wie nah die Kanzlerin dem Kapital steht. Nur Konsequenzen wird es wohl abermals nicht haben.

Angela Merkel wechselt gern mal ihre Meinung. Alleine der Wahlkampf zur Bundestagswahl 2013 war ein Sammelsurium von inhaltlichen Wechselbädern der Kanzlerin. Beim Atomausstieg verhielt sich das nicht anders. Merkel setzt durch, was ihr nützt und was ihr Stimmen bringt. Nun, nach der Wahl, braucht sie diese Stimmen vorerst nicht mehr, sie sitzt fest im Sattel. Deshalb nahm sie sich ganz selbstverständlich die Unverschämtheit heraus, den EU-Beschluss, der den CO2-Ausstoß bis 2020 deutlich senken sollte, in letzter Sekunden zu torpedieren. Kurze Zeit später wurde bekannt, dass die BMW-Familie der CDU eine satte Spende in Höhe von 690.000 Euro hatte zukommen lassen. Der zeitliche Zusammenhang von Merkels Querschuss und der Spende lässt in den Augen der Linkspartei den Verdacht der Käuflichkeit zu. Den weist die CDU natürlich weit von sich. Angela Merkel selbst macht das, was sie in solchen Situationen immer am liebsten tut: nichts. 

Angela allein zu Haus

 

VDA-Chef Mathias Wissmann schwante Böses, als er von den EU-Plänen erfuhr, die Abgaswerte zu senken. Der Freund der Autoindustrie und Duz-Kumpel Merkels schrieb ihr in einem Brief schon im Mai 2013 besorgt, er sehe die Gefahr von „willkürlich gesetzten Grenzwerten“ und fürchte ein „kaputt regulieren“ durch die EU. Die wollte den CO2-Ausstoß in Europa von derzeit 130 Gramm pro Kilometer auf 95 Gramm im Jahr 2020 senken, schlecht für Automarken wie BMW, Mercedes oder Audi. Alles war schon in trockenen Tüchern, selbst die CDU-Abgeordneten in Brüssel hatten ihre Ja-Stimme abgegeben. Doch dann kam Angela Merkel und verhinderte im Alleingang die endgültige Unterschrift und somit die Verbindlichkeit der Pläne. Öffentlich sagte die Kanzlerin mit einem süffisanten Lächeln: „Deutschland ist immer bereit, diese Ziele umzusetzen. Aber es muss natürlich auch realistisch sein, wenn ich die Gelegenheit nutzen darf.“ Mit im Publikum saß auch Mathias Wissmann. Er dürfte zufrieden gewesen sein.


Billig zu haben

 

Bedenkt man, wie viel Geld allein BMW sparen kann, wenn die Reduzierung
Die Ganzgroße Koalition
des CO2-Ausstoß verschoben wird, sind knapp 700.000 Euro Spende lächerliche Peantus. Und – so zynisch das auch klingen mag – nicht einmal die Tatsache, dass die Auto-Lobby so eklatant Einfluss auf die Politik der CDU nimmt, ist der eigentliche Skandal. Schließlich ist es wahrlich nicht neu, dass die Kanzlerin und ihre Gefolgschaft dem Kapital nahezu bedingungslos folgt. Das Unfassbare ist die Tatsache, dass die offensichtliche Einflussnahme so einfach funktioniert und keine Konsequenzen nach sich zieht. Merkel selbst verliert kein Wort darüber und ließ durch Regierungssprecher Steffen Seibert lediglich mitteilen, dass sie eine Stellungnahme ablehne. Es gehe ja nicht um Merkel, sondern um die CDU. Was für eine bestechende Logik!

Die Forderung nach einer neuen Spendenregelung

 

Der politische Gegner – so es ihn denn überhaupt noch gibt – gab sich zurückhaltend. Bärbel Höhn von den Grünen wollte in der Sache „nachhaken“ (wie nett), SPD-Finanzexperte Joachim Poß sagte: „Das muss einen sehr nachdenklich stimmen.“ Wie schön.
Deutlicher wurde neben Sahra Wagenknecht von der Linkspartei, die den Verdacht der Käuflichkeit geäußert hatte, Jürgen Trittin, der twitterte: „Die Familien Quandt und Klatten von BMW kaufen am 09.10.13 die Klimapolitik von Merkel.“ Damit bringt er ein Grundproblem auf den Tisch, das Linke-Parteichef Bernd Riexinger näher ausführt: „Der Zeitpunkt der Spende zeigt, hier wurde nicht einfach eine Partei gekauft, sondern ein Gesetz. Der Verdacht der Bestechung steht im Raum, die Staatsanwaltschaft muss Ermittlungen aufnehmen.“



Man muss schon sehr optimistisch sein, um auf Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft zu hoffen. Und selbst die Forderung von der Anti-Korruptions-Organisation „Transparency International“, die ein Eingreifen von Bundespräsident Joachim Gauck fordert, ist wohl nicht mehr als ein frommer Wunsch. Die Vorsitzende Edda Müller sagte auf „Zeit Online“, Gauck könne das Parteiengesetz durch eine Kommission prüfen lassen, wenn er das Gefühl habe, dass damit etwas nicht stimme. Es ist davon auszugehen, dass Gauck dieses Gefühl nicht hat.



Bleibt die Forderung von SPD und der Grünen nach einer Deckelung der jährlichen Parteispenden auf maximal 100.000 Euro. Ginge es nach „LobbyControl“, wäre schon bei 50.000 Euro pro Jahr Schluss.
Doch die Sache wird wohl – mal wieder – glimpflich für Merkel und ihre Christdemokraten ausgehen. Michael Fuchs, Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung, sagte entrüstet: „Die Kanzlerin ist nicht mit 690.000 Euro erpressbar oder beeinflussbar.“ Zumindest erpresst wurde Merkel sicher nicht, denn für eine Erpressung sind unterschiedliche Standpunkte nötig, die man in diesem Fall vergeblich sucht. Fuchs sagte außerdem, dass die Parteien – nicht nur die CDU – dringend auf Parteispenden angewiesen seien. Das sieht Edda Müller ganz anders. Sie sieht die Parteien finanziell gut abgesichert und fürchtet einen „Verfall der politischen Kultur, in der Lobbyinteressen immer stärker auf die Politik einwirken.“



Das stimmt allerdings nur bedingt, denn in diesem Verfall steckt das Land schon lange. Und Kanzlerin Merkel hat prominente Vorgänger. Nur ihre ungenierte Dreistigkeit, die kann sie für sich alleine in Anspruch nehmen. Ohne ein Wort zu sagen.

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