Dienstag, 10. März 2015

Am Wendepunkt - ein Griechentopf für alle



von Frank Happel


Am vergangenen Montag (09.03.2015) war es wieder mal so weit. Zum wievielten Male weiß wohl keiner der Beteiligten genau. Die europäischen Finanzminister tagten, ihr Vorsitzender, der Niederländer Jeroen Dijsselbloem, empörte sich. Über die Griechen. Worüber sonst. Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hatte im Vorfeld zum Tage dem Eurogruppenchef einen Brief geschickt. Dijsselbloem und seine Kollegen fühlten sich dadurch erpresst und bedroht.  Auch weil der legere Grieche am Sonntag dann auch noch ein mögliches Referendum oder gar Neuwahlen in seiner Heimat in Aussicht stellte. Dann, wenn seine von der EU geforderten Vorschläge zur Schuldensenkung, nicht akzeptiert würden.


Der SPD-Spezialökonom und -Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag, Thomas Oppermann, hatte ebenfalls schon Vorfeldarbeit geleistet. Er warnte die Finanzministerrunde davor, weitere Kredite an Griechenland ungeprüft und leichtfertig zu vergeben. Das machte Eindruck. Die Runde beschäftigte sich mal gerade eine halbe Stunde mit dem Thema und vermeldete in oppermännischer Manier: Es gibt nichts! Keine weiteren Zusagen ohne weitere Zugeständnisse seitens der Griechen.


Die im Februar von der EU gewährte Verlängerung des Hilfspaketes bis Ende Juni soll nur unter der geforderten Begleitung weiterer Reformumsetzungen ausgezahlt werden. Die von Varoufakis diesbezüglich vorgelegten Pläne reichten bei Weitem nicht. So wurde der Grieche abgespeist und wieder nach Hause geschickt. Abnicken musste er vorher noch, dass „Die Institutionen“ (vorm. Troika) ihm folgen werden und ihre Kontrollen in Athen wieder aufnehmen. Eine Demütigung.


Die Griechen sitzen in Klemme. Schon wieder stehen sie vor der Alternative mitmachen nach den Regeln der Gläubiger und deren Helfer oder  ..? Oder was?  Ja, die Griechen sind pleite. Bis zum Ende dieses Monats werden ca. 6 Milliarden Ausstände fällig. Über die nächsten fünf Jahre stehen ca. 215 Milliarden Euro an, von insgesamt zurzeit 372 Milliarden. Das kann das Land nicht leisten. Diese Schulden wird Griechenland in diesem Umfange nicht einmal annähernd bedienen können. Das weiß jeder.


Die griechische Gesellschaft wird weiter verelenden. Das zusammengebrochene Gesundheitssystem wird sich nicht erholen. Mit tödlichen Folgen für Viele. Für die Armen, für Rentner für Kinder. Die Rezession wird sich weiter verstärken. Die Wirtschaft wird sich nicht erholen können. Die Arbeitslosigkeit wird weitere Rekorde einfahren. Die Jugendarbeitslosigkeit hat in ihren Ausmaßen dramatischste Höchstwerte bereits jetzt zu benennen. Eine oder auch zwei Generationen sind einer tragischen Perspektivlosigkeit ausgesetzt.


Die neue Regierung der Griechen war angetreten und hat versprochen all dies zu verhindern, abzuwenden, zu verbessern. Jetzt besteht die Gefahr eines schnellen Scheiterns der Vernunft. Es besteht die Gefahr des Totalkollapses. Ob dies nun den sogenannten Grexit bedeutet oder in welcher Form auch immer – es werden Millionen Menschen darunter zu leiden haben.

Es sei denn, es wird endlich verstanden, dass die europäische Politik der deutschen Austerität, des Merkelianismus nicht greift. Genau genommen von Anfang an zum Scheitern verurteilt war und ist. Nicht einmal die Deutschen selbst werden von den Resten des von ihnen in Trümmer gelegten Europas profitieren. Paul Krugmann stellt den Deutschen und Europäern diesbezüglich ihr Zeugnis aus. Der Spiegel, in den er uns blicken lässt, muss uns erschrecken.


Die Griechen selbst brauchen unsere Hilfe. Nicht wie bisher, unter der falschen Überschrift „Griechenlandhilfe“, die großen europäischen Banken. Allen voran die französischen und die deutschen Großbanken. Nach wie vor rettet der Merkelianismus nicht die Griechen, sondern das Finanz- und Bankensystem, welches durchaus hohe Mitverantwortung an der Situation der Griechen trägt.


Eine Idee


Reden wir über ihn. Über den Griechentopf. Einen Investitionsfond der besonderen Art. 


Die Zutaten (Finanzierung):


  1. Über einen Anteil X (mindestens 50 %) der durch die EU und IWF (mit dem Ziel der Schuldentilgung) ausgereichten, direkt an die Gläubigerbanken fließenden „Hilfsgelder" an Griechenland.

2.  Über EZB-getätigte Anleihenkäufe zu deren Zinskonditionen. (Keine weiteren Auflagen griechischer Anleihen zu Hochzinsbedingungen.) 

3.  Über einzuwerbende Investorengelder unter Ausblick auf, aus dem Fondskonzept entnehmbare, Beteiligungen. Durchaus mit Sonderkonditionen und –Optionen behaftet.

4.  Über konsequentes Einholen nicht gezahlter Steuergelder, Einführung von Reichensteuern und Einbringung Teile dieser Einnahmen in den Fonds. 

5.  Einzahlungen der EU-Mitgliedsländer von Teilen zu erwartender Einnahmen aus Umsetzung der kommenden Finanztransaktionssteuer.


Dieser Fonds soll im Vorfeld (Konzept) definierte Großprojekte, sowie notwendige Infrastrukturen finanzieren. Besonderes Augenmerk kann liegen auf Energie, Spezialschiffbau, Dienstleistung und Tourismus, Mittelstandsförderung, Gründungsförderung, Forschungs- Bildungs- und Sozialprojekte.
Der weitere Schuldendienst an die Großgläubiger wird für mindestens fünf Jahre ausgesetzt, bzw. stark reduziert. 

Ein solcher Fonds wäre ein schon lange, auch von deutschen Politikern gefordertes Projekt, in Anlehnung zum Marshallplan zur Hilfe und dem Wiederaufbau Nachkriegsdeutschlands.

Der Griechentopf ist ein Gericht, das allen Beteiligten schmecken kann. Es ist an der Zeit ihn schmackhaft zu machen.



Eine Hoffnung 

 

Das mag nun einige Leser überraschen, aber zur Einsicht über und Umkehr dessen, was hier als merkelianistische Politik benannt ist, kann man durchaus mit der Unterstützung von Angela Merkel selbst rechnen. Doch. Die Reaktionen der griechischen Bevölkerung auf ein Scheitern ihrer Hoffnung auf Besserung, aufgrund europäischer Sturheit und verknöchertem Neoliberalismus, besonders hartnäckig vorgetragen aus dem deutschen Finanzministerium, wird keine europafreundliche und europanützliche sein können. Griechenland steht nicht allein. Die Griechen haben in ganz Europa und weltweit immense Unterstützung. Einhergehend mit immer lauter werdender Kritik am Verhalten der Troika und der Hartleibigkeit der Deutschen. Die Podemos-Bewegung in Spanien tut ein immer stärker werdendes Übriges. Das wird sie sehen und sie wird es begreifen. Darauf darf man (auch) hoffen. Angela Merkel hat sich noch immer nach dem Wind gedreht. Diesmal darf sie nicht nur. Sie soll.

2 Kommentare:

  1. Das mag nun einige Leser überraschen, aber zur Einsicht über und Umkehr dessen, was hier als merkelianistische Politik benannt ist, kann man durchaus mit der Unterstützung von Angela Merkel selbst rechnen. Doch. ...

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  2. Danke für diesen tollen Artikel!

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